— Dr. G. Doerr: ERASMUS/SOKRATES-Aktivitäten, ab 1993
Dr. Georg Doerr, Tuebingen
ENTWICKLUNG VON ERASMUS- UND SOKRATESPROGRAMMEN AM DEUTSCHEN SEMINAR DER UNIVERSITÄT TÜBINGEN AB 1993
Studentenaustausch, Gastdozenturen, Lehrplanentwicklung und Network-Projekt
1993 (ab April): Vorbereitung eines ERASMUS-Studentenaustausches zwischen den Universitäten Tübingen, Venedig, Barcelona und Potenza (Basilikata). Erster Antrag in Brüssel im Oktober 1993, Bewilligung des Studentenaustausches ab WS 1993/94 – zuerst mit den Universitäten von Venedig, Potenza (Basilikata), Barcelona. Im Lauf der Jahre wurden folgende weitere Universitäten am ERASMUS-Studenten- und Dozentenaustausch beteiligt: Barcelona, Madrid, Valencia, Bari, Urbino, Bologna, Florenz, Perugia, L’Aquila, Rom, Salerno, Messina, Basel, Zürich, Straßburg, Paris XII, Amsterdam, Porto, Cluj-Napoca/Klausenburg (RO), Prag (weitere geplante und vorbereitete Kontakte nach Mittel-Osteuropa – Budapest, Warschau, Bukarest – kamen, nach der Löschung meiner Homepage durch Herrn Jürgen Wertheimer im Jahre 2006 , nicht mehr zustande).
Seit der ersten Förderung durch Brüssel im Jahr 1994: Vermittlung, Beratung und Betreuung ausreisender deutscher und eingereister nichtdeutscher Studenten.
Gastdozenturen:
Innerhalb des ERASMUS-Dozenten-Austausches wurden von mir folgende Gastdozenturen durchgeführt: im Mai 1998 und im April 2005 in Potenza (Basilikata), im Februar/März 1999 in Cluj-Napoca/Klausenburg (RO), im Juni 2000 in Salerno, im März 2002 und im März 2005 in Perugia. (siehe auch: Seminare).
Einladungen an italienischen Universitäten außerhalb der ERASMUS/SOKRATES-Programme:
SoSe 1999 (= anno accademico 1998/99): Gastprofessor an der Università degli studi di Salerno; Thema: „Deutscher Roman von 1945-1998“; SoSe 2000 (=anno accademico 1999/2000): Gastprofessor für Germanistik an der Università degli studi di Salerno; Thema: „Literatur der Weimarer Republik“; 2001 Mai: Gastseminar (Einladung) an der Università degli studi di L’Aquila (12-stündig): “Mauerfallromane”; 2002 Mai: Gastseminar (Einladung) an der Università degli studi di Urbino (10-stündig): „Deutschland nach 1989: Politik, Wirtschaft, Kultur, Literatur“ (gehalten in italienischer Sprache); 2003 März: Gastseminar (Einladung) an der Università degli studi di Salerno (12-stündig): „Deutschsprachige Literatur seit 1989 (mit Berücksichtigung ihrer Rezeption im Ausland)“ und Beratung zu ERASMUS- und SOKRATES-Programmen (mit Vortrag). (siehe auch: Seminare).
Lehrplanentwicklung:
1995/96 Bewilligung Brüsseler Mittel zu Entwicklung von Lehrplänen; schon vor der Bewilligung dieser Mittel wurden von mir seit WS 1993/94 sowohl interkulturelle Seminare mit europäischer Dimension als auch folgende neue Seminartypen für deutsche und nichtdeutsche Studenten durchgeführt:
1. – 2-stündiges literaturwissenschaftliches Proseminar: Einführung in die deutsche Literaturwissenschaft für nichtdeutsche Germanistikstudenten.
2. – 2-stündiges Seminar (mit 2-stündigem Tutorium) für fortgeschrittene ERASMUS-Studenten und deutsche Studenten zur deutschen (europäischen) Literatur (interkul-tureller Kurs). Dieser Seminartyp entwickelte sich in den folgenden Jahren zu einem attraktiven Lehrangebot. (siehe: Seminare)
3. – 2-stündiger Stützkurs für schwächere nichtdeutsche Studenten im ‘Lektorat für deutsche Sprache’ (Lektüre schwierigerer geisteswissenschaftlicher Texte, Zusammenfassungen von Sekundärliteratur, Konversation zu aktuellen literarischen und gesellschaftlichen Themen).
Folgende, zum Teil mit EU-Mitteln geförderte Seminare zu diesen Themen – und immer unter Einbeziehung einer europäischen Dimension – wurden in den darauf folgenden Jahren von mir gehalten:
Mythos und Literatur, Literatur der Jahrhundertwende, Literatur der 20er Jahre, Lyrik nach 1945, Roman nach 1945, ’1968′ in Deutschland u. Italien, Deutsche Literatur nach 1989 und ihre internationale Rezeption. (siehe auch: Seminare)
Die Erfahrungen aus den ersten Schritten in der Lehrplanentwicklung dienten im Herbst 1996 als Grundlage für die in Brüssel abgelehnten Anträge zur Lehrplanentwicklung für ein CDI (Curricula Developmental Initial/Intermediate level): „Introduction to Comparative Literature and intercultural studies“ und für ein EM: „European Module of Comparative Literature“, weiterhin eines mit dem Deutschen Seminar der Universität von Urbino (Prof. Aldo Venturelli) beantragten und im Herbst 1997 bewilligten Europäischen Moduls (EM): „Il luogo e l’evento. Centri culturali, loro tipologia e loro funzione, in alcuni momenti decisivi della cultura europea: un’analisi comparativa (Der Ort und das Ereignis: Kulturelle Zentren, ihre Typologie und Funktion in einigen entscheidenden Momenten der europäischen Kultur: eine vergleichende Analyse)“. Im Rahmen dieses seit 1997 bewilligten europäischen Moduls (EM) wurde von mir im WS 1998/1999 am Deutschen Seminar der Universität Tübingen – als Tübinger Beitrag zum EM – ein Proseminar III mit dem Titel: „Zur Entstehung des deutschen Idealismus – Hölderlin, Hegel und Schelling in Tübingen“ (ca. 40 Teilnehmer, davon ca. 20 nichtdeutsche Studenten) durchgeführt. Dieses Seminar wurde vom 22.2.-5.3. 1999 als Blockseminar in Cluj-Napoca/Klausenburg (RO) wiederholt (als integrierter Teil der dortigen germanistischen Jahresprüfung; ca. 30 Teilnehmer). – Das Buch ‘Der Ort und das Ereignis – Die Kulturzentren in der europäischen Geschichte’ mit den verschiedenen Beiträgen des europäischen Moduls ist im Jahre 2002 im Rombach Verlag (Freiburg) erschienen (siehe: Doerr-DEUTSCHER IDEALISMUS). Im WS 2003/04 diente das Buch in Tübingen als Grundlage eines Seminars für deutsche und nichtdeutsche Studenten (siehe: Seminare).
Die Beantragung eines weiteren EMs (Europäischen Moduls) zum Thema „Mythos in der europäischen Literatur und Kultur der 20er Jahre“ kam nicht zustande, es wurden jedoch von mir zu diesen Themen mehrmals in Tübingen (Prosem III im WS 1999/2000) und in Italien (im SoSe 2000 als Gastprofessor in Salerno) Seminare durchgeführt (siehe: Seminare).
Network-Projekt der EU:
1996 Februar: Erasmus-Koordinatoren-Treffen in Barcelona, Thema: Curricular-Entwicklung; dort Beschluss zur Beantragung eines europäisches Netzwerk-Projektes: TNP ( = Thematic Network Project = Themenpool für den universitären Unterricht mit europäischer Dimension); Tübinger Teilprojekt: „Mythos und Literatur – Zur Funktion und Rezeption des Mythos in der europäischen Kultur verschiedener Epochen“ (siehe unten ANHANG: Auszug aus dem Antragstext von 1998); beteiligt 32 Universitäten aus 15 europäischen Ländern; Antrag im Oktober 1996 in Brüssel abgelehnt, im März 1998 neu beantragt von Prof. Remo Ceserani (Bologna) und Prof. Vita Fortunati (Bologna) als deutsch-italienisches Co-Projekt unter dem Titel: „COTEPRA“ (= „comparatismo: teorie e prassi“).
1997 Sept.-März 1998: Mitarbeit am neuen Brüsseler Network-Antrag TNP (Thematic Network Project) COTEPRA, zusammen mit Prof. Remo Ceserani (Bologna) und Prof. Paola Mildonian (Venedig); deutsches Teilprojekt weiterhin: „Mythos und Literatur – Zur Funktion und Rezeption des Mythos in der europäischen Kultur verschiedener Epochen“.
1998 Dezember: erstes Treffen der Teilnehmer des von Brüssel bewilligten TNP ‚COTEPRA’ in Bologna.
1999 März: Weiteres Treffen des Network-Projektes der EU: „COTEPRA“ (= „comparatismo: teorie e prassi“) in Bologna/Bertinoro, Vortrag (in italienischer Sprache): „Die Dialektik von Mythos und Aufklärung seit 1789″.
ANHANG:
Dr. Georg Doerr, Tübingen
Tübinger Teilprojekt von „COTEPRA“: „Mythos und Literatur – Zur Funktion und Rezeption des Mythos in der europäischen Kultur verschiedener Epochen“ (Auszug aus dem Neuantrag von 1998):
„COTERPA“ sottoprogetto 6 Tuebingen:
Literature, fine arts, collective imaginary. Function and reception of Myth in the European culture
Als Ausgangsdisziplin dieses Networks wird die Komparatistik betrachtet; d.h. der vergleichende Gesichtspunkt soll im Vordergrund stehen: Gerade deshalb schließen sich diesem Arbeitsvorhaben zahlreiche andere Disziplinen an: Germanistik, Romanistik, überhaupt die jeweiligen Nationalphilologien, Klassische Philologie, Philosophie, Kunstgeschichte, Theologie, Ethnologie, Psychoanalyse u.a..
Die Komparatistik ist an den Universitäten Europas immer noch ein unterrepräsentiertes Fach, das aber gerade wegen der Literaturen und Kulturen vergleichenden Dimension bei der Entwicklung eines europäischen curriculums eine entscheidende Rolle spielen kann.
Um die Interdisziplinarität und die Internationalität der Komparatistik zu erproben, wurde ein in allen Kulturen Europas vorhandenes Element, den Mythos, ausgewählt, bei dessen Behandlung diachrone und synchrone Querschnitte sowohl die Geschichte als auch die Methoden einzelner Disziplinen, die sich mit diesem Gegenstand befaßt haben, verdeutlichen können. Insgesamt gesehen bietet der Mythos eine Metaebene mit kulturspezifischen Differenzen in Hinblick auf die die Funktion und die Gestalt einzelner Mythen betrifft.
So könnten am Beispiel Mythos exemplarische Lehreinheiten entwickelt werden, mit deren Hilfe dann eine Verbesserung der Lehrmethoden und der Lehrplanentwicklung erreicht werden kann.
Durch eine vergleichende Untersuchung der Funktion und Rezeption des Mythos (der Mythologie) können also Ähnlichkeiten und Varianten der europäischen Kulturtradition in Literatur, Philosophie, Kunst, in den Geisteswissenschaften im allgemeinen, aber auch in Politik und Geschichte (z.B. Darstellung des sog. deutschen Sonderweges am Beispiel der Mythen-Rezeption) untersucht werden.
Für das Problem des ‚Mythos in der Moderne‘ bedarf es zunächst allgemeiner, methodologischer Überlegungen: Wie verändert sich die Funktion des Mythos in modernen, säkularisierten Gesellschaften in Hinblick auf Literatur und Kunst, Religion und Politik? Gibt es ein Konkurrenzverhältnis des Mythos zur Religion, wie und warum entstehen politische Mythen (von der französischen Revolution bis zur Gegenwart)? Für diesen Punkt könnte ein bereits bewilligtes EM von Bedeutung werden (Titel: „Der Ort und das Ereignis: Kulturelle Zentren, ihre Typologie und Funktion in einigen entscheidenden Momenten der europäischen Kultur: eine vergleichende Analyse“), innerhalb dessen die Entstehung des deutschen Idealismus in Tübingen untersucht wird. Für die Moderne ist zu fragen: Übernimmt der Mythos nach dem Ende der Religion neue, sinnstiftende Funktionen in der modernen Literatur und Kunst (James Joyce: Ulysses, Pablo Picasso, Heiner Müller, Joseph Beuys, um nur einige Namen zu nennen), ist Remythisierung, um es anders auszudrücken, ein besonderes Kennzeichen der Moderne?
Daraus ergeben sich weitere, besondere Fragestellungen (als Beispiele):
Die Rolle nationaler Mythen und die Revitalisierung alteuropäischer Mythen (z.B. römischer und germanischer) in der politischen Geschichte des 20. Jahrhunderts; Dekonstruktion und Rekonstruktion von Mythen in der Postmoderne; das Verhältnis von Trivial- und Alltagsmythen zum ‚authentischen‘ Mythos. Bei all diesen Fragestellungen sollte möglichst auf einen interdisziplinären Ansatz geachtet werden.
Schlüsselaktivitäten des Projektes:
Mindestens ein jährliches Treffen der Beteiligten (im ersten Jahr 2), Entwicklung gemeinsamer Unterrichtseinheiten, Module, Kurse, Erstellung von Lehrmaterial. Weiter: Dozentenmobilität, Kurzlehraufträge, Intensivkurse. Inhaltlich sollten diese Aktivitäten immer eine Reflexion auf Methode und Geschichte der in Frage stehenden Fächer mit einbeziehen.
Am Beispiel Mythos läßt sich Wissenschaftsgeschichte besonders gut betreiben und es sind – auch dank zahlreicher Vorarbeiten – z.B. folgende Themen möglich: Die Entstehung der Nationalphilologien und ihr Verhältnis zur Klassischen Philologie; Mythologie und Philologie im 19. Jahrhundert (in Deutschland z.B. bei den Brüdern Grimm) und Philologie als Ort von Mythenproduktion. Auch ein Vergleich der Bildungssysteme ließe sich am Beispiel der antiken Tradition durchführen, da in Europa der humanistische Unterricht fast überall verbreitet war. Fragestellungen könnten hier z.B. lauten: Wo wurde Homer, wo wurde Vergil gelesen? Wie verhielt sich das ‚klassische‘ Erbe zur jeweiligen nationalen Tradition? Wo wurde später der altsprachliche Unterricht zuerst reduziert oder abgeschafft?). Diese Untersuchungen könnten fortgeführt werden bis zu einem Vergleich der Bildungssysteme in der Gegenwart.
Verknüpfung mit der Lehrplanentwicklung (curricula):
Geplant ist eine enge Verknüpfung des Networks mit der Lehrplanentwicklung, d.h. Einführungs- und Mittelkursen und europäischen Modulen, die dieses Thema zumindest mitbehandeln: Im 2. Jahr der Förderung wird mit dem Aufbau eines Graduierten-Kollegs (CDA) begonnen, dem sich weitere beteiligte Universitäten anschließen wollen mit dem Thema „Produktion und Rezeption von Mythen in der europäischen Kultur“.
Das Projekt steht in enger Beziehung zu einem seit 1993/94 am Deutschen Seminar der Universität Tübingen geförderten PIC (Participant Identification Code), das im ersten Jahr nur Studentenmobilität beinhaltete, aber bereits im zweiten und dritten Jahr durch Lehrplanentwicklung ergänzt wurde. Inzwischen sind 17 Universitäten an diesem Austausch beteiligt. Entstanden ist dieses Projekt ursprünglich aus der Erfahrung, daß für aus dem Ausland kommende Studenten gemeinsame Kurse mit den Studenten der Gastuniversitäten nötig sind. Inzwischen ist Tübingen, wie schon erwähnt, an dem EM „Il luogo e l’evento. I centri culturali nella storia europea“ mit dem Thema „Die Entstehung des deutschen Idealismus in Tübingen“ beteiligt.
Zielgruppen:
Als Zielgruppen kommen sowohl Dozenten, Studenten, Lehrer der Sekundarstufe und Schüler der Oberstufe von Gymnasien in Betracht. Das erarbeitete Material kann auch für die Erwachsenenbildung verwendet werden. Bei der Verbreitung der Materialien ist der Einsatz neuer Medien geplant.
Jede einzelne Zielgruppe wird – sei es durch Unterricht, sei es durch die publizierten Forschungsergebnisse – die europäische Dimension gewisser vorgegebener Bildungsinhalte besser erkennen können. Zudem wird die Zusammenarbeit zahlreicher europäischer Universitäten eine Auswirkung auf das Bildungssystem und Bildungsangebot im allgemeinen haben. Gerade deshalb ist auch der reale Kontakt von Forschern und Lehrern untereinander von Bedeutung.
Für den Sekundarstufen II-Bereich müßte das selbe Material nach den didaktischen Erfordernissen der Schule dargestellt werden (Unterrichtseinheiten für verschiedene Fächer: Deutsch, Geschichte, Religion, aber auch Fremdsprachen; auch hier neue Möglichkeiten: Beteiligung der Studenten an der Erstellung von Unterrichtseinheiten, Zusammenarbeit mit den Lehrerseminaren). Auch hier ist natürlich der schnelle Zugang zu gut vorbereiteten Materialien entscheidend. Dafür ist die Verwaltung des gesamten Projektes durch Internet und der mögliche Rückgriff auf elektronische Datenbanken von ausschlaggebender Bedeutung.
Einsatz neuer Medien:
Mit der 1997/98 erstmalig einsetzenden Förderung von spezifischen Kursen mit ‘europäischer Dimension’ durch die europäische Kommission auf verschiedenen Niveaus (CDI, EM, CDA; integrierte Sprachkurse) bekommt der Einsatz von Internet bei dieser Entwicklung innovative Aspekte, sowohl im Hinblick auf technische Möglichkeiten, aber auch im Hinblick auf die inhaltliche Gestaltung dieser Kurse.
1. Technische Möglichkeiten: Sollen an verschiedenen Orten Europas Kurse mit ähnlichen Methoden und Inhalten angeboten und durchgeführt werden, ist die preisgünstige dauernde Kommunikation unter den Teilnehmern eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg. Diese Kommunikation ermöglicht die simultane Abstimmung von Methoden und Inhalten ebenso wie die zügige Diskussion aktueller Probleme.
2. Auf der Dozentenebene können – vor allem bei der Durchführung eines Networks-Videokonferenzen geschaltet und für späteren didaktische Verwendung mitgeschnitten werden. Beim Einsatz im Unterricht selbst ist durch die Verwendung von MultiMedia möglich, dem bloßen Text Bild und Ton beizugeben.
Wenn man die oben erwähnte Bedeutung der Komparatistik ernst nimmt und eine europäische Dimension sowohl in der Lehre (CDI; CDA; EM) als auch in der Forschung (Network), als auch in der Weitergabe von Forschungsergebnissen an den Sekundarstufenunterricht (Lehrer/Schüler) in Betracht zieht, ist die Entwicklung eines europäischen Literaturkanons (mit entsprechender Bibliographie und einer elektronischen Datenbank) dafür von zentraler Bedeutung. Am Aufbau dieses Kanons könnten sich zahlreiche Universitäten, an denen Projekte zur Lehrplanentwicklung gefördert werden, beteiligen. Hierbei müßte allerdings berücksichtigt werden, daß lokale Besonderheiten durch europäische Programme nicht vollständig überlagert werden.
Das innovative Moment dieses Projektes liegt nun in der leichten Zugänglichkeit des aufbereiteten Materials, das adressatenspezifisch für die verschiedenen Benutzergruppen (Dozenten, Lehrer, Studenten) zubereitet ist. Das adressaten-spezifische Material könnte in einzelnen Unterrichtseinheiten, in ganzen Seminarkursen, in didaktischem Material und Hinweisen (mit speziellen Ergänzungen je nach kultureller Tradition der einzelnen Länder), aber auch in einem Diskussionsforum (home-page) bestehen. Diese einzelnen Schritte sollen den Weg zu einer europäischen Literaturwissenschaft vorbereiten.
Ziele des Projektes:
Ziel des Arbeitsvorhabens ist die allmähliche Herstellung eines europäischen Bildungskanons, mit einer dann vielleicht nachfolgenden Vereinheitlichung der Didaktik (oder zumindest der didak-tischen Reflexion), wobei aber nationale Bildungstraditionen respektiert werden sollten.
Weiterhin geht es um die Entwicklung eines europäischen Bildungskanons, die Verfeinerung und Erweiterung von komparatistischen Methoden, die Überschreitung der Nationalphilologie und die Einführung einer europäischen Dimension in Forschung und Lehre.
Dadurch wird ein besseres Verständnis der gemeinsamen europäischen Tradition möglich, eine Transformation der europäischen Bildung am Ende der bürgerlichen Ära und somit ein reflektierter Vergleich der Bildungstraditionen.
Durch das Thema ‚Mythos‘ ergeben sich überraschende Verbindung von Ältestem und Neuestem in der europäischen Kultur, die Vernetzung verschiedener Geisteswissenschaften (bis hin zur Archäologie, Kunstgeschichte) und die Einbeziehung auch von nicht geisteswissenschaftlichen Fächern (z.B. Psychoanalyse).
Entscheidend ist dabei, daß diese wissenschaftlichen Ziele – wie oben schon gezeigt – eng mit der Entwicklung der curricula verknüpft sind.
Zusammenarbeit des Tübinger Teilprojektes mit „COTEPRA“ Bologna:
Das in diesem Antrag vorgestellte literaturwissenschaftliche (komparatistische) Projekt „Literatur und Mythos – Zur Funktion und Rezeption von Mythen in der europäischen Kultur verschiedener Epochen“ ist angelegt als Teilprojekt des weiter gefaßten, komparatistischen Networks der Universität Bologna mit dem Titel COTERPA. Geht es in dem Bolgneser Network vor allem um die theoretische Grundlegung der Komparatistik in Europa, soll das Tübinger Teil-Projekt als Säule in einem größeren Gebäude verstanden werden, als Erprobung verschiedener komparatistischer Methoden an einem konkreten Fall, nämlich dem der „Funktion und Rezeption von Mythen in der europäischen Kultur verschiedener Epochen“.
Da, wie oben hervorgehoben, in allen europäischen Ländern eine Tradition des (antiken) Mythos vorhanden ist, können an diesem Thema die theoretischen Fragen der Disziplin Komparatistik vor einem europäischen Hintergrund diskutiert werden. Ebenso lassen sich die weiteren Ziele dieses Antrages auf das Thema „Mythos in der europäischen Kultur“ beziehen: Die Entwicklung und Erweiterung des Vergleichens in den europäischen Literaturen, der Vergleich von europäischen und außereuropäischen Literaturen (wozu sich der Mythos besonders gut eignet) und schließlich die Entwicklung und Erweiterung des Vergleiches auf die Beziehung zwischen Literatur, bildenden Künsten, Musik und Film.
Einen weiteren entscheidenden Aspekt des beantragten Teilprojektes wird die Zusammenarbeit mit anderen Untergruppen des Bologneser Networks darstellen. Vor allem die mit den Untergruppen 3 („National and European Identities“) und 7 („Literature, psychology, psychoanalysis“) werden sich Berührungspunkte ergeben.